Dieses Buch ist beseelt von der Mythen- und Symbolwelt der Maori. Es ist ein heftiges, in mehrfacher Hinsicht verstörendes Buch und spielt in einer entlegenen Gegend an der Küste Neuseelands, einer urwüchsigen, von Stürmen und Regen heimgesuchten Landschaft. Im Zentrum der Geschichte stehen drei Menschen, eine Frau, ein Mann, ein Junge, die eine seltsame Art von Familie bilden, ohne zusammenzugehören, alle drei von ihren eigentlichen Möglichkeiten abgeschnittene, gebrochene Figuren. Zwischen ihnen kommt es in einem schicksalhaften Prozeß der Annäherungen und Mißverständnisse zu einem verzweiflungsvollen Drama widerstreitender Gefühle, und erst nachdem sie alle ihre individuellen Höllen durchmessen haben, finden sie ihre Form des Zusammenlebens, dessen Schilderung freilich mythisch, fast religiös überhöht ist. Keri Hulme hat ein ungewöhnliches, äußerst eindrucksvolles Buch geschrieben über die Verlorenheit des einzelnen.
Nachdem sie sich mit ihrer Familie überworfen hat, lebt die reiche Künstlerin
Kerewin Holmes allein in einem finsteren Turm an einem wilden, unwirtlichen
Ort. Eines Tages schleicht sich Simon, Findelkind und einziger Überlebender
eines Schiffsunglücks, in ihre Festung ein. Der gewalttätige Junge ist
stumm, aber intelligent; niemand weiß, wer seine Eltern waren. Im Dorf
ist er als Dieb bekannt; immer wieder besucht er einen als Päderasten verschrienen
Alten. Simon wohnt bei Joe, der nach dem Tod seiner Frau allein ist. Mit
dem renitenten Kind überfordert, versucht Joe immer wieder, Simon mit brutaler
Gewalt zur Anpassung zu zwingen. Auch Kerewins Beziehung zu ihrer Umwelt
ist durch Aggressivität und Feindseligkeit geprägt. Kerewin, Simon und
Joe gelingt es zunächst, einander näher zukommen. Als Kerewin sich jedoch
wieder zurückzieht, kommt es zum Ausbruch mörderischer Gewalt: Im Streit
um Kerewins Lieblingsmesser verletzt Joe den Jungen so schwer, dass er
ins Koma fällt. Das Ende des Buchs deutet eine mögliche Lösung an: In der
Rückbesinnung und Neubelebung von Maori-Weisheiten finden Kerewin und Joe
einen Ausweg aus der Spirale der Gewalt. Gemeinsam mit Simon wagen sie
einen neuen Versuch zusammenzuleben.